Beseelte Architektur

Räume  und Gebäude haben eine Wirkung auf die menschliche Seele wie Musik, Literatur und andere Künste. Sie können anhebend sein, emotional berührend, aufregend, sie können uns mit nehmen in den Speicher unserer Erinnerungen, uns begeistern, uns Kraft geben, in uns den Wunsch entfachen, einen Schritt über uns selbst hinauszugehen. Für mich liegt in der direkten Kommunikation mit der Seele des Benutzers der eigentliche Sinn von Architektur. 

In einer Zeit der Reizüberflutung kann es die Aufgabe von Gebautem sein, der Seele Raum zu geben für eine Begegnung mit sich selbst, für eine Innenschau, ein zur Ruhe kommen. Eine andere Art die Seele zu berühren kann sein, sie in Erstaunen zu versetzen, sie über die Begrenzungen des Alltäglichen hinauszuheben, sie zu elektrisieren und anzuspornen.  

Daneben steht gleichwertig der Auftrag die Seele eines Bauherren, eines Unternehmens durch Architektur zum Ausdruck zu bringen. Für beide Aufgaben, für das Berühren und das Ausdrücken der Seele bedarf es von meiner Seite den Prozeß des Einfühlens. Ich als Seele spüre die Wirkung des Raumes, empfinde die Aussage des Gebäudes und ergründe das Wesen des Bauherren, um seine Botschaft zum Ausdruck zu bringen. 

Es geht darum, dem Gebäude eine Seele einzuhauchen, die sich dem Benutzer mitteilt. Erst dann ist die Aufgabe der Architektur erfüllt. Seele ist immer individuell, einzigartig. Somit ist beseeltes Bauen auch eine programmatische Absage an Uniformität und Mainstream. Ein beseeltes Gebäude ist einzigartig, greift nicht zurück auf Klischees, sondern ist eine Neuschöpfung direkt aus dem Hier und Jetzt.